In unserem Poker Lexikon sind die Begriffe ‹Tell› und ‹Read› beschrieben.
Ein Tell ist ein unkontrolliertes physisches Verhaltensmuster (z.B. Zittern oder heftiges Atmen, Kontrollieren der Hole Cards auf dem Flop, Griff nach Chips usw.) eines Spielers, welches anderen Spielern Rückschlüsse auf die Stärke seiner Hand gibt.
Ein Read ist das Durchschauen der Setzmuster (Höhe der Erhöhungen, Check-Raises nur in bestimmten Situationen usw.) eines Gegenspielers.
Viele Poker Anfänger meinen, beim Pokern gehe es darum, nicht mit den Wimpern zu zucken oder immer ein cooles Pokerface aufzusetzen. Tatsache ist jedoch, dass beim Pokern Anhand der Reads der viel grössere Vorteil entsteht, als durch das Erkennen von Tells! Gerade gegen Anfänger oder Leute die vorwiegend Online-Poker spielen, können aber Tells einen zusätzlichen Vorteil schaffen.
In diesem Artikel dreht sich alles um das Thema der Poker Tells.
Die Grundlage dieses Texts sind persönliche Erfahrungen und zwei Fachbücher zum Thema. Die Bücher sind Caro’s Book of Poker Tells und Phil Hellmuth’s Read’Em and Reap. Wer sich vertiefte Kenntnisse auch über die psychologischen Ursachen von Tells aneignen will, der sollte das zweitgenannte Buch kaufen, da es bessere Informationen liefert und etwas günstiger ist als das erstgenannte!
Wir versuchen, in diesem kurzen Artikel das Wichtigste zu diesem psychologischen Poker-Thema wiederzugeben, damit man beim Homegame mit Freunden oder im Casino gegen andere Poker Spieler gewappnet ist.
Ganz wichtig ist uns der Schlussabschnitt, in dem wir Massnahmen beschreiben, wie man eigene Tells vermeiden kann. Denn das Vermeiden eigener Tells ist mindestens so wichtig, wie das Erkennen von Tells der Gegenspieler!
Es gibt verschiedene Arten von Tells. Einige Tells geschehen bewusst, andere unterbewusst. Es gibt auch Tells, die zwar unterbewusst sind, deren Ursache aber in der Unachtsamkeit resp. Unkonzentriertheit liegt.
‹Strong means Weak› and ‹Weak means Strong› ist eines der Leitschlagworte in den beiden oben genannten Pokerbüchern. Die natürliche Art und Weise, wie der Mensch versucht seine Gegenspieler hinters Licht zu führen, ist sich gerade anders herum zu verhalten, als man sich in Wirklichkeit fühlt. Das heisst ein starkes Blatt wird durch Demonstration von Schwäche zu vertuschen versucht. Bei schwachen Blättern und Bluffs macht man auf ‹dicke Hose›. Diese Verhaltensmuster legen deine Gegner bewusst an den Tag im Irrglauben, dich damit wirklich auf die falsche Spur bringen zu können.
Achtung: Gewiefte Pokerspieler können diese Tells auch umgekehrt anwenden!
Typische Situation. Alle folden, du bist auf dem Small Blind und willst erhöhen. Während dem du die Chips vorbereitest, um diese zu setzen siehst du, wie der Big Blind offensichtlich nach seinen Chips greift und so tut, als würde er deinen Einsatz callen wollen. Er versucht Stärke zu demonstrieren, in den meisten Fällen hat er ein schlechtes Startblatt auf der Hand. Erhöhe ruhig und in der Regel gewinnst du den Pot ohne Gegenwehr!
Ein Spieler am Tisch hat sich an einem Turnier 2 Stunden lang ruhig verhalten. Du raist mit QQ, der sonst so ruhige Gegner steht auf und sagt «Ach, was solls, dann geh ich halt früher nach Hause als geplant. Wollte sowieso das Spiel heute Abend am TV gucken. Ich gehe All-In!». Hier sollten Alarmglocken klingeln. Beim Gegner dürfte AA oder KK liegen.
Dein Gegenspieler sieht den Flop und schaut sofort weg oder beginnt zu gähnen, als würde der Flop ihn völlig kalt lassen. In den meisten Fällen hat er ein Monster!
Tipp: Schaue beim Flop den Gegenspieler und seine Reaktion an und erst dann die Karten.
Beim Flop grinst dein Gegner und schmeisst theatralisch bei seiner Erhöhung die Chips in die Mitte. In der Regel hat er ein mittelgutes bis schwaches Blatt und ist froh, wenn du aussteigst.
Soll ich den kleinen Einsatz callen oder nicht, scheint sich dein Gegner zu überlegen. Demonstrativ kratzt er sich am Kopf und tut so, als sei dies die schwierigste Entscheidung seines Lebens. In der Regel sitzt er auf einem Monster und versucht dich vom Gegenteil zu überzeugen!
Wenn ein Spieler mit ‹Schauspielerei› während einer Hand beginnt, hat er immer einen Grund dafür. Kennt man seine Gründe, so kann man ihm aus dem Weg gehen oder du kannst ihn mit ‹Müll› auf der Hand aus dem Pot verdrängen (die eigenen Karten spielen oft keine Rolle, wenn man die Karten des Gegners kennt).
Eine andere Kategorie sind unterbewusste Tells. Der Mensch verfügt über diverse Instinkte und natürliche Reaktionen auf Gefahr, Freude, Enttäuschung usw. zeigt. Diese kann man auch an einem Pokertisch beobachten. Häufige nicht steuerbare Tells sind:
Zitternde Hände oder pulsierende Adern zeugen von Erregung. Pokerspieler sind meist dann erregt, wenn sie ein sehr gutes Blatt haben.
Achtung: Anfänger sind oft nervös, wenn sie das erste Mal im Casino spielen oder an einem echten Turnier mitmachen. Du solltest den Gegner zuerst bei einer Hand gesehen habe, bei der er nicht gezittert hat.
Ein Spieler, der zuerst entspannt im Stuhl sitzt, schaut sich seine Hole Cards an bevor er an der Reihe ist und richtet sich im Stuhl sofort auf. Dies ist ein Zeichen dafür, dass er in dieser Hand gerne mitmischen würde. Bist du vor diesem Spieler dran, verzichte auf einen Bluff-Raise in dieser Situation.
Dieser Tell ist einer der am weitesten verbreiteten (nicht nur bei Anfängern, auch bei durchschnittlichen bis sehr guten Spielern kann man ihn beobachten)! Spieler schauen ihren eigenen Chipstapel sofort an, wenn sie vor haben, zu erhöhen oder sich sicher sind, das beste Blatt zu haben. Sehr zuverlässig ist die Kombination von diesem Tell mit einem der bewussten Tells: Sofortiger Blick zum Chipstapel nach dem Flop, um danach sofort desinteressiert wegzuschauen. Deshalb ist es wichtig, beim Flop in erster Linie den Gegner zu beobachten und nicht die Karten.
Es ist wichtig, die ’normale› Sitzposition des Gegenspielers zu kennen. Der Mensch besitzt den Instinkt, sich an gute Sachen anzunähern und von Gefahren sich zu entfernen. Ist ein Spieler zufrieden mit dem Flop, beugt er sich in der Tendenz eher ein wenig nach vorne. Ist er mit den Board Karten unzufrieden, so lehnt er sich eher zurück.
Achtung: Geht ein Spieler All-In und lehnt sich mit den Armen hinter dem Kopf verschränkt nach hinten, so ist dies ein Zeichen der Zufriedenheit und Entspannung und deutet in der Regel eine starke Hand an.
Eher als Zeichen von Schwäche und Unsicherheit zu werten. Diese Spieler haben ein schwaches Blatt oder sie haben ein mittelstarkes Blatt und wissen nicht so recht, was sie damit anfangen sollen.
Warum stellen Profis oft Fragen an ihre Gegenspieler? Weil die Stimme bei der Antwort versagen und Hinweise über die Stärke des Blatts geben kann. Gibt dir jemand eine Antwort und seine Stimme spielt ihm einen Streich, so ist die Chance gross, dass er nicht die Wahrheit gesagt hat.
Du machst eine kleine Erhöhung, auf dem Board liegen zwei Schaufeln. Ohne zu überlegen callt dein Gegner. Oft hat er einen draw. Er spielt unkonzentriert, denn man sollte sich vor jeder Aktion zuerst fragen: ‹Gibt es einen Grund, warum ich nicht erhöhen sollte?›, erst dann kann man sich über einen Call gedanken machen.
Der Flop kommt und fast gleichzeitig Checkt dein Gegner. In der Regel hat er den Flop verpasst. Wenn du triffst, überlegst du kurz, was der beste Weg ist, die Hand zu gewinnen und checkst nicht sofort. Ein schnelles Erhöhen deutet auf einen Treffer. Wenn Du bluffst, brauchst du in der Regel einige Sekunden um zu überlegen, ob dein Gegenspieler getroffen haben könnte, oder nicht.
Auf dem Flop liegen drei tiefe Karten der Farbe Herz. Dein Gegenspieler kontrolliert nun seine beiden Hole Cards. Vor dem Flop hatte er erhöht. Du kannst davon ausgehen, dass er den Flush nicht hat, wenn er im Normalfall bei einem Flop seine Karten nicht kontrolliert. Vielleicht hat er AK. Die eine Karte ist schwarz, die andere rot. Er fragt sich nun, ob er das Herz Ass oder den Herz König hat. Wenn er AKs hätte, dann würde er sich merken können, dass er «AK von Herz» und müsste seine Karten nicht kontrollieren.
Fast alle oben genannten Tells (ausser das Zittern) können vermieden werden, wenn man folgende Anweisungen verfolgt. An einem echten Pokertisch musst du dies im Griff haben (und wirst verstehen, warum die Typen im Fernsehen so schräg rüberkommen).
Wir empfehlen, wie Phil Hellmuth sagt, den ‹Roboter Ansatz› (robotic Approach):
Was ist nun ein gutes Pokerface? Möglichst cool? Möglichst leger? Möglichst seriös oder gar möglichst gefährlich? Ein gutes Pokerface kann aussehen, wie es will, solange es immer gleich aussieht!
Einerseits verhindert die Sonnenbrille, dass deine Gegenspieler deine Augen sehen und Reaktionen von den Augen ablesen können. Viel wichtiger aber ist, dass die anderen Spieler nicht bemerken, dass du sie beobachtest! Wenn die Sonnenbrille deine Sichtverhältnisse nicht beeinträchtigt (nicht an allen Turnieren sind die Lichtverhältnisse gut genug für eine Sonnenbrille), so kannst du diese gerne mitnehmen, in der Regel spielt man damit nicht besser und bei den weiblichen ‹Railbirds› kommt man auch nicht unbedingt besser an…